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An die
Träger der Regionalplanung
ü b e r
die Bezirksregierungen
Braunschweig, Hannover, Lüneburg, Weser-Ems
Nachrichtlich
StK, MS, MU, MW, ML
Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände
Nieders. Städtetag
Postfach 44 40
30044 Hannover
Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung
I. Allgemeine Vorgaben für die Regionalplanung zur Windenergienutzung
Die verstärkte Nutzung regenerativer Energien, wie z.B. der Windenergie, ist als wesentliches Ziel der niedersächsischen Energiepolitik im Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen 1994 als verbindliche Zielvorgabe festgelegt worden. Zur Förderung von Windenergieanlagen sollen in den Regionalen Raumordnungsprogrammen geeignete Standorte für Windenergieparks als Vorrangstandorte für Windenergienutzung festgelegt werden.
Für 10 küstennahe Landkreise und kreisfreie Städte wurden auf der Grundlage eines Gutachtens Mindestleistungen für solche Standorte verbindlich im Landes-Raumordnungsprogramm vorgegeben. Für 9 angrenzende Landkreise und 2 Landkreise im Harz wurden auf der Grundlage eines weiteren Gutachtens in einem Erlaß vom 28.6.1995 an die betr. Träger der Regionalplanung Mindestleistungen zur Umsetzung in den Regionalen Raumordnungsprogrammen empfohlen. In den übrigen Landkreisen und kreisfreien Städten soll ebenfalls eine den jeweiligen Gegebenheiten entsprechende Flächenvorsorge für die Nutzung der Windenergie getroffen werden.
II. Änderung des BauGB
Die Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung in den Regionalen Raumordnungsprogrammen erfährt vor dem Hintergrund der vom Bundestag am 20.6.1996 beschlossenen Änderung des § 35 BauGB, der der Bundesrat am 5.7.1996 zugestimmt hat, eine neue herausragende Bedeutung als Steuerungsinstrument für die vorausschauende Flächensicherung geeigneter Standorte einerseits sowie den Ausschluß nicht geeigneter Standorte andererseits.
In § 35 Abs. 1 BauGB wurden Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dienen, in den Katalog der privilegierten Vorhaben aufgenommen. Dadurch wird die Zulassung dieser Anlagen im Außenbereich erleichtert.
Eine Genehmigung derartiger Anlagen kann jedoch versagt werden, wenn öffentliche Belange entgegenstehen. § 35 Abs. 3 BauGB enthält eine beispielhafte Aufzählung von möglicherweise entgegenstehenden Belangen, die nunmehr für bestimmte privilegierte Vorhaben - insbesondere die Windenergienutzung - um einen Planvorbehalt ergänzt wurde. Danach stehen öffentliche Belange auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung und Landesplanung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Damit besteht die Möglichkeit, durch planerische Standortfestlegungen an einer oder mehreren Stellen im Planungsgebiet den übrigen Planungsraum von den durch den Gesetzgeber privilegierten Vorhaben freizuhalten. Diese Ausschlußwirkung für Windenergieanlagen an anderen als den regionalplanerisch festgelegten Standorten sollte im Textteil der Regionalen Raumordnungsprogramme durch eine entsprechende Zielaussage ergänzt werden.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß sich die Festlegungen der Regionalplanung grundsätzlich auf raumbedeutsame Windenergieparks oder raumbedeutsame einzelne Windenergieanlagen an besonders herausgehobenen Standorten beschränken.
III. Umsetzung in der Regionalplanung
Die mit dieser Gesetzesänderung eröffnete große Chance, durch planvolle Steuerung den viel beklagten "Wildwuchs von Windenergieanlagen zu verhindern, sollte von der Regionalplanung möglichst umgehend genutzt werden, insbesondere dort, wo der Antragsdruck auf Einzelgenehmigungen bereits jetzt groß ist.
Das Gesetz wird am 1.1.1997 in Kraft treten. Gem. der Überleitungsvorschrift des neuen § 245 b BauGB können Genehmigungsanträge bis längstens zum 31.12.1998 zurückgestellt werden, wenn die Landesplanungsbehörde eine Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung zur Planung von Windenergieanlagen eingeleitet hat.
IV. Besondere Anforderungen an die Regionalplanung
Die Aufstellung von Entwicklungskonzepten oder sonstigen Fachplänen oder -programmen zur Windenergienutzung genügt den Anforderungen des neuen § 35 BauGB nicht. Die Festlegung als Ziel der Raumordnung und Landesplanung in einem Regionalen Raumordnungsprogramm ist unabdingbare Voraussetzung für das Wirksamwerden des Ausschlusses der Windenergienutzung in bestimmten Teilen des Planungsgebietes.
Eine derart weitreichende rechtliche Wirkung der festgelegten Vorrangstandorte für Windenergienutzung setzt eine flächendeckende Überprüfung des gesamten Planungsraumes auf geeignete Standorte sowie eine schlüssige Darlegung der Auswahlgründe voraus. Dabei bitte ich, die in der Anlage aufgeführten Restriktionen und besonderen Abwägungserfordernisse zu beachten.
Anlage
Bei der Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung sind aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes, des Immissionsschutzes sowie aus Sicherheitsgründen folgende Restriktionen und Empfehlungen zu beachten:
1. Ausschlußgebiete
- Naturschutzgebiete, § 24 NNatG
- Nationalparke, § 25 NNatG
- Naturdenkmale, § 27 NNatG
- besonders geschützte Biotope, § 28 a und b NNatG
- Wallhecken, § 33 NNatG
- Vorranggebiete für Natur und Landschaft, Landes-Raumordnungsprogramm
2. Besondere Abwägungserfordernisse
In avifaunistisch wertvollen Gebieten von lokaler Bedeutung und höherer Bedeutung überwiegen vorbehaltlich der Einzelfallprüfung grundsätzlich die Belange des Naturhaushaltes gegenüber den Belangen der Windenergienutzung.
In Landschaftsschutzgebieten, § 26 NNatG und geschützten Landschaftsbestandteilen, § 28 NNatG, richtet sich die Zulässigkeit nach der jeweiligen Schutzverordnung bzw. -satzung. In Teilbereichen kommen nach Prüfung des Einzelfalls Ausnahmen oder Befreiungen in Betracht. Handelt es sich dabei um Windenergieparks in Landschaftsschutzgebieten, wird im Regelfall eine Entlassung der betreffenden Fläche aus dem Schutz erforderlich werden.
3. Abstandsempfehlungen
Die Vorrangstandorte für Windenergienutzung sollen so geplant werden, daß zu Einzelanlagen folgende Abstände nicht unterschritten werden:
- Reine Wohngebiete 750 m
- allgemeine Wohngebiete, dörfliche Siedlungen,
fremdenverkehrsbetonte Siedlungen, Campingplätze 500 m
- Einzelhäuser 300 m
- Ausschlußgebiete gem. Ziff. 1 mindestens 200 m, im Einzelfall bis 500 m
- Waldgebiete 200 m
- Geestkanten, alte Deichlinien 100 m
- Gewässer 1. Ordnung 100 m
- Bundesautobahnen, Bundes-, Landes-Kreisstraßen Kipphöhe der Windkraftanlage, mindestens jedoch 50 m
- Bahnlinien, schiffbare Kanäle Kipphöhe der Windkraftanlage, mindestens jedoch 50 m
- Hochspannungsleitungen Kipphöhe der Windkraftanlage, mindestens jedoch 50 m
- Richtfunktürme, Sendeanlagen, Richtfunkstrecken 100 m
- Flugplätze und Landeplätze Bauschutzzone
- Militärische Anlagen äußere Schutzbereichszone.
Zwischen einzelnen Vorrangstandorten für Windenergienutzung sollten Mindestabstände von 5 km eingehalten werden.
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